Die Fassade als Universaltalent.

„Moderne Fassadensysteme müssen heute und speziell auch in Zukunft ein extrem breit gespanntes Themenfeld an Erfordernissen erfüllen“, sagt Prof. Dr. Thomas Fattler, Leiter Technik und Produktmanagement bei Gutmann Bausysteme. Die laufend wachsenden Anforderungen reichen von architektonischer und technischer Innovation über die Gewährleistung von optimaler Lebensqualität im Gebäude bei Raumklima, Tageslicht, Witterungsschutz, Schallschutz und Sicherheit bis zum großen Spektrum an Nachhaltigkeitsthemen bei Material und Energie sowie den ebenso großen Themenkreisen Wirtschaftlichkeit und Kundenorientierung. Große Herausforderungen für Gutmann Bausysteme – aber auch spannende Chancen für eine Zukunft mit nachhaltigem Erfolg.


Herr Prof. Dr. Fattler, welche Anforderungen muss heute ein modernes und zukunftssicheres Fassadensystem erfüllen?

 

 

Hier muss man zwischen zwei grundsätzlichen Phasen unterscheiden: In der Errichtungsphase eines Gebäudes muss ein solches System natürlich den statischen ebenso wie den gestalterischen Anforderungen der Architekten und Bauingenieure gerecht werden und ihnen eine möglichst große Vielfalt an Möglichkeiten und Optionen bieten. Hier geht der Trend schon seit geraumer Zeit zu immer schlankeren Profilen und immer mehr Glasfläche. Die Grenzen der technischen Möglichkeiten bei Statik und Materialtechnologie werden hier immer konsequenter ausgelotet und bedeuten für uns immer größere Herausforderungen bei der Produktentwicklung und Produktinnovation, vor allem auch, da immer mehr Individualisierbarkeit und Flexibilität der Systeme gefragt ist.

Die zweite wichtige Phase ist die Nutzung des Gebäudes über viele Jahre hinweg, und hier ist eine der wichtigsten Anforderungen die Schaffung von optimaler Aufenthalts- und Lebensqualität in den Innenräumen. Tageslicht und Raumklima sind hier die zentralen Stichworte: Wie kann ein Fassadensystem zu einer angenehmen Lichtsituation während der verschiedensten Tageszeiten im Gebäude beitragen, wie kann das System vor übermäßiger Sonneneinstrahlung und Hitzeentwicklung schützen, speziell in Zeiten des immer deutlicher spürbaren Klimawandels? Hinzu kommt noch die ebenso entscheidende Funktion des Witterungsschutzes: Die Fassade muss z.B. hohen Windkräften ebenso standhalten wie zuverlässige Dichtigkeit bei Schlagregen gewährleisten. Und last but not least spielen auch wichtige Sicherheitsaspekte wie z.B. der Einbruchschutz eine große Rolle für die Lebensqualität. Damit haben wir allerdings noch gar nicht über den dritten wichtigen Anforderungsbereich gesprochen, nämlich sämtliche Nachhaltigkeitsaspekte, die bei der Konzeption eines modernen Fassadensystems mittlerweile eine ebenso entscheidende Rolle spielen, und die den gesamten Lebenszyklus des Produkts umfassen, von der Herstellung bis zum Recycling. Und der vierte wichtige Aspekt: Das Fassadensystem muss selbstverständlich auch wirtschaftlich konkurrenzfähig sein, um auf dem Markt zu bestehen und für unsere Kunden interessant zu sein, es muss einfach anwendbar und montierbar sein, alle Serviceaspekte bei Kundensupport und Beratung müssen stimmen.

"Wir haben es also mit einem extrem breit gespannten Themenfeld an Anforderungen zu tun, die sich zusammenfassend im wesentlichen in vier Hauptbereiche gliedern lassen: erstens die architektonische und technische Innovation, zweitens die Gewährleistung von optimaler Lebensqualität im Gebäude bei Raumklima, Tageslicht, Witterungsschutz, Schallschutz und Sicherheit, drittens das große Spektrum an Nachhaltigkeitsthemen bei Material und Energie und viertens das große Thema Wirtschaftlichkeit und Kundenorientierung", erklärt Prof. Dr. Thomas Fattler, Leiter Technik und Produktmanagement.

 

Das Thema Kundenorientierung führt mich natürlich auch noch zu einem weiteren zuvor schon erwähnten Thema, nämlich der wachsenden Anforderung an die Individualisierbarkeit und Flexibilität unserer Systeme. Wir hatten etwa neulich einen sehr interessanten Auftrag zu erfüllen, bei dem innerhalb eines Bauprojekts eine große Vielfalt an unterschiedlichen Schallschutzanforderungen zu erfüllen war. Speziell, wenn man im urbanen Raum baut, sinken ja grundsätzlich bei jedem Projekt die Schallschutz-anforderungen je nach Stockwerkshöhe: je höher die Gebäudeebene, desto geringer der Schallpegel durch den Straßenlärm. Doch bei diesem Projekt ging es nicht nur vertikal, sondern auch horizontal um unterschiedliche Anforderungen an den Schallschutz: In einem Gebäudeteil war etwa das Vorstandsbüro untergebracht, wo besonders ruhige 38 Dezibel gefragt waren, in anderen bei der Nutzung weniger schallsensiblen Bereichen waren wiederum bereits 45 Dezibel ausreichend. Ein einheitliches System muss heute also auch bei solchen „unsichtbaren“ Anforderungen wie dem Schallschutz für die unterschiedlichsten Anforderungen gerüstet sein.

Und da wir über das Thema Schallschutz sprechen: Die ständig wachsende Urbanisierung macht den Schallschutz beim Fassadenbau zu einem sehr wichtigen Zukunftsthema. Prognosen besagen, dass bis 2050 rund 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben werden. Wo viele Menschen auf stark verdichtetem Raum zusammenleben, wird unsere Welt immer lauter, zugleich steigen unsere Anforderungen an das Wohlbefinden und die Lebensqualität in Innenräumen immer mehr. Baulicher Schallschutz ist daher ein sehr komplexes Thema, bei welchem sämtliche Schall-einwirkungen berücksichtigt werden müssen, die auf das Gebäude einwirken: Dazu zählt der Luftschall, der Trittschall sowie der vom Gebäude erzeugte Schall. Hinzu kommen Geräuscheinwirkungen von außen, wie z.B. Straßenlärm, Flugverkehr oder auch von Industrie-  und Gewerbeanlagen verursachter Schall. Deshalb erfüllen wir beispielsweise mit unserem Cradle to Cradle zertifizierten Fassadensystem GCW 050/060 nicht nur besonders hohe Anforderungen an die Nachhaltigkeit, sondern insbesondere auch an den Schallschutz mit konsequent einheitlichem Systemaufbau und optimaler Funktionalität bei extremer Langlebigkeit.

Unser System GCW 050/060 ist übrigens auch ein sehr gutes Beispiel für einen weiteren wichtigen Trend bei der objektspezifischen Flexibilität im Fassadenbau: Architekten ebenso wie Immobilienentwickler legen heute großen Wert auf die Individualisierung des Gebäudedesigns, oft bis zur Umsetzung kompletter Corporate Identities z.B. bei einem Bürogebäude. Ebenso sind heute auch bei Wohngebäuden ganzheitliche Designkonzepte ein wichtiger Faktor, sowohl bei der ästhetischen Lebensqualität als auch bei der Vermarktung. Und grundsätzlich lässt sich sagen: Je größer ein Projekt ist, desto höher sind heute zumeist die Anforderungen an die objektspezifische Individualisierung. Das betrifft z.B. auch die farbliche Oberflächengestaltung, daher ist beispielsweise ein System wie unser GCW 050/060 in einer nahezu unbegrenzten Farbvielfalt erhältlich. Hier können wir auch deshalb in besonderer Weise unseren Kundenanforderungen entgegenkommen, da wir seit kurzer Zeit an unserem Hauptfirmensitz in Weißenburg über eine eigene neue Horizontal- und Vertikal-beschichtungsanlage verfügen, die unsere Fertigungstiefe auch bei Designfragen in erheblichem Umfang erweitert. Wohin hier der Trend geht, zeigt alleine die rapide gewachsene Fülle an Farb- und Oberflächen-varianten, die wir mittlerweile bieten. Anfangs hatten wir noch gedacht, mit einem Angebot von rund 200 Farben auszukommen, heute ermöglich wir allerdings bereits weit über tausend Farb- und Oberflächenoptionen.            

Wenn wir über den ersten Themenkreis der architektonischen und technischen Innovation sprechen – welche Herausforderungen spielen hier bei Gutmann Bausysteme aktuell und in Zukunft die wichtigste Rolle?

Ich habe eingangs schon die Entwicklung zu immer größeren Glaspaketen und zu gleichzeitig immer schlankeren Profilen im Fassadenbau angesprochen: Hier stehen unsere Profile vor der stetig wachsenden Herausforderung, die immer größeren Glasgewichte aufzunehmen, die wir über die Pfosten und Riegel entsprechend abtragen müssen. Sowohl bei Aluminiumfassaden als auch bei Holz-Alu Fassaden müssen wir daher unsere Systeme immer mehr technisch ausreizen und weiterentwickeln, um diesen wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Die Rastermaße werden immer größer, das bedeutet im Verhältnis immer weniger Material, das immer mehr leisten muss. Holz-Alu Systeme stoßen hier früher an ihre Grenzen als Aluminiumsysteme, da es bei Aluminium-Hohlkammerprofilen genügend zusätzliche Möglichkeiten gibt, das Profil zu verstärken, beispielsweise mit Stahl. Wohin dieser Trend führt, zeigen bereits manche Systeme auf dem Markt, die bereits eine extrem schlanke Ansichtsbreite von 40 oder sogar 35 Millimetern aufweisen. Wir sind allerdings bei diesen extremen Profildimensionen bisher bewusst zurückhaltend geblieben, da diese Systeme nur auf den ersten Blick beeindrucken, statisch jedoch bei ihrer erzielbaren Höhe und Breite ziemlich limitiert sind. Statt spektakulären und noch nicht überzeugend ausgereiften Trends setzen wir daher lieber auf Innovationen, die der tatsächlichen Qualität der Konstruktion und ihrer statischen Integrität zugute kommen, beispielsweise mit einem neuen Glasträger, den wir speziell für die hohen Lasten großer Glaspakete entwickelt haben.

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